Einführung in die neue IACL Blog Serie: Spotlight on the Venice Commission
Helle Krunke & Angelika Nußberger
Präsidentin der IACL & Vorsitzende der IACL-Kommission zur Zusammenarbeit mit der Venedig-Kommission
Die International Association of Constitutional Law (IACL) und die Venedig-Kommission arbeiten seit langem zusammen. Sie haben viele Gemeinsamkeiten, insbesondere den starken Fokus auf Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte, innerhalb und außerhalb Europas. Die IACL hat Beobachterstatus in der Venedig-Kommission, und die Venedig-Kommission hat Beobachterstatus in der Exekutivkommission der IACL. Während sich die Venedig-Kommission mehr auf die praktische Arbeit konzentriert und Stellungnahmen zu Verfassungsänderungen und neuen Gesetzen abgibt, bringt die IACL Verfassungsrechtler aus allen Kontinenten zusammen und trägt zu einem besseren Verständnis der Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Rechtssysteme weltweit bei; somit ergänzt sich ihre Arbeit und inspiriert sich gegenseitig.
Aus diesem Grund haben die IACL und die Venedig-Kommission bereits mehrere Konferenzen gemeinsam organisiert. Die nächste gemeinsame Konferenz mit dem Thema „Lessons Learned and Learning Lessons. The Venice Commission's Experience in Elaborating Transnationally Valid Constitutional Standards“ wird am 12. März 2025 in Venedig stattfinden.
Angesichts der geschätzten Zusammenarbeit zwischen der IACL und der Venedig-Kommission wird die IACL-Kommission zur Zusammenarbeit zwischen der IACL und der Venedig-Kommission eine neue IACL-Blog-Serie einführen, um wichtige Stellungnahmen der Venedig-Kommission zu diskutieren.
Der erste Blog-Beitrag in der neuen Reihe befasst sich mit der Stellungnahme Nr. 1181/2024 zum Gesetzentwurf zur Änderung des Gesetzes über den Nationalen Justizrat in Polen. Er wurde von Francesco Biagi verfasst und trägt den Titel „Verfassungsreparatur in Polen: Die Stellungnahme der Venedig-Kommission zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Nationalen Justizrat“. Wir hoffen, damit einen Beitrag zu den wissenschaftlichen Debatten über die Stellungnahmen der Venedig-Kommission zu leisten und auf die Arbeit der Venedig-Kommission innerhalb und außerhalb Europas aufmerksam zu machen.
Neues Open-Access-Buch von Dr. Miklasová untersucht die Sezession im Völkerrecht
In ihrem neuen Buch Secession in International Law with a Special Reference to the Post-Soviet Space (Brill), untersucht unsere Postdoktorandin Dr. Júlia Miklasová die wachsende Bedeutung des Völkerrechts in Fällen einseitiger Sezessionen, insbesondere wenn diese mit Verstößen gegen zwingende Normen (ius cogens) verbunden sind.
Das Buch basiert auf der Doktorarbeit von Dr. Miklasová, die sie 2021 am Graduate Institute of International and Development Studies in Genf mit der Auszeichnung summa cum laude avec des félicitations du jury abgeschlossen hat. Es wurde umfassend aktualisiert, um jüngste Entwicklungen zu berücksichtigen, und an der Akademie für Europäischen Menschenrechtsschutz in Köln fertiggestellt.
Das Buch ist nun als Open-Access-Publikation mit Unterstützung des Schweizerischen Nationalfonds als Teil der Reihe Theory and Practice of Public International Law von Brill veröffentlicht worden.
Das Buch geht auf die wesentlichen Elemente des zeitgenössischen Völkerrechts zur Sezession ein und behandelt Themen wie die Rolle von Tatsachen, das Recht auf Sezession, Referenden, Unabhängigkeitserklärungen, das Prinzip der territorialen Integrität und die Beziehung zu konsensualen Methoden der Staatsbildung. Dr. Miklasovás zentrale Argumentation stärkt und erweitert die Position der Rechtsauffassung: Wenn eine sezessionistische Entität ihre Effektivität durch Verstöße gegen ius cogens Normen erlangt, ist eine Staatsgründung verboten – Rechtmäßigkeit hat Vorrang vor Effektivität. Dieses rechtliche Paradigma fortspinnend, führt Dr. Miklasová das Konzept der „illegalen sezessionistischen Entitäten“ ein und zeigt die umfassenden Auswirkungen der ursprünglichen Illegalität auf die nachfolgenden diplomatischen, vertraglichen und wirtschaftlichen Beziehungen sowie auf die Handlungen und Gesetze auf. Das Buch untersucht zudem die sich überschneidenden Rechtsregime des Besatzungsrechts, des Menschenrechtsschutzes und der Pflicht zur Nichtanerkennung.
Durch eine bislang beispiellose Analyse der Praxis in Bezug auf Transnistrien, Abchasien, Südossetien, Berg-Karabach, die Krim, die Volksrepubliken Donezk und Luhansk sowie die Regionen Cherson und Saporischschja identifiziert das Buch einen gemeinsamen Nenner im Zusammenhang mit diesen Entitäten: Trotz ihrer tatsächlichen Effektivität beruht ihre Existenz auf illegalem Einsatz von Gewalt. Infolgedessen ist es diesen Entitäten verwehrt Staatlichkeit zu erlangen und ihre Illegalität hat weitere rechtliche Konsequenzen zur Folge.
Das Buch befasst sich auch mit spezifischen Fragen wie dem territorialen Anwendungsbereich von Verträgen in Bezug auf diese Entitäten (z.B. die Anwendbarkeit des Russland-Ukraine BIT auf die annektierte Krim), der Rechtmäßigkeit von Handelsbeziehungen mit ihnen, der internationalen Widerspruchsfähigkeit von Privatisierungen und der Gültigkeit von Geburts- und Heiratsurkunden sowie anderen rechtlichen Dokumenten, die von diesen Entitäten ausgestellt wurden. Die Analyse der post-sowjetischen sezessionistischen Praxis verdeutlicht langfristig allgemeine Trends im modernen rechtlichen Verständnis von Sezession und hebt insbesondere die entscheidende Rolle der Ius Cogens Normen und deren Auswirkungen hervor.
Dr. Júlia Miklasová wird ihr Buch Anfang 2025 an der Akademie für europäischen Menschenrechtsschutz in Köln vorstellen.